{ If we had no winter,
the spring would not be so pleasant.
If we did not sometimes taste of adversity,
prosperity would not be so welcome. }

Winter. Die wohl aller, aller, aller schrecklichste Jahreszeit, die sich jemand hätte ausdenken können. Und nicht dass es genug war, sich bibbernd den Arsch abzufrieren, nein, da musste jemand noch einen draufsetzen und den Schnee erfinden. Und Schnee war so ziemlich das letzte, worüber sich Desiree an diesem Tag hätte freuen können.

Mürrisch stapfte das Mädchen mit ihren durchaus modesicheren, jedoch weit entfernt von wasserfesten Stiefeln durch den Schnee. Dieser lag bereits so hoch, dass er bald ihre Knie erreichen würde. Wenn es weiterhin so schneite, würde Daisy spontan beschließen, sich mit einem netten, attraktiven Mann vor einen Kamin zu setzen und die Stunden in der Wärme und Obhut seiner Arme zu verbringen.
Während Daisy durch den Schnee pflügte und ihr knielanger, schwarzer Mantel bereits anfing, ebenfalls das überschüssige Wasser aufzusaugen, überlegte das Mädchen, wohin sie heute gehen sollte. Manchmal war ihr wirklich langweilig, schließlich hatten alle eine Beschäftigung und Arbeit – nur sie nicht. Von Zeit zu Zeit spielte Desiree mit dem Gedanken, sich einen Job zu suchen. Natürlich nicht in den Minen, doch vielleicht in einem netten Geschäft, wo es warm und gemütlich war. Doch bisher hatte sie den Gedanken auch immer wieder genauso schnell verworfen, wie er ihr gekommen war. Wozu sollte sie arbeiten? Nur um beschäftigt zu wirken? Wie armselig.
Außerdem war Arbeit etwas für die Leute, die es nötig hatten, Geld zu verdienen. Im Gegensatz zu allen anderen ging es Desiree verblüffend gut in Distrikt 12 und doch fand das Mädchen immer wieder Gelegenheit, um zu jammern und zu meckern.

Doch bevor sie sich weiter mit ihren Gedanken über eine mögliche Beschäftigung machen konnte, fand Desiree lieber heraus, dass das Wasser unter dem Schnee festgefroren, rutschig und nicht geeignet war, um sicher darüberzulaufen. Es war eine unangenehme, schmerzhafte Lehre: Desiree tat einen Schritt nach vorne, trat auf – und fiel. Ein Aufschrei entfloh ihrem Mund und sie ruderte hilflos mit den Armen, bis sie unsanft auf dem Boden landete.

Schimpfend und fluchend über ihre eigene Tollpatschigkeit saß Desiree eine Weile auf dem nassen, gefrorenen Boden herum, bis sich endlich jemand fand, der ihr aufhelfen wollte. Es war ein braunhaariges Mädchen, die, obwohl Daisy es nicht zugeben würde, ziemlich hübsch war. So hübsch, dass sie Desirees kalten Blick zu spüren bekam. Sie kannte die Besagte bereits vom Sehen und hatte gehört, dass das Mädchen in der Nähe in einer Schmiede oder so etwas ähnlichem beschäftigt war. Oder besaß sie sogar die Schmiede? Es war Desiree im Grunde genommen egal, doch sie erfreute sich an der Tatsache, dass dieses Mädchen arbeiten musste, um an Wohlstand, Essen und Geld zu kommen.

„Hi“, sagte das Mädchen und streckte ihre Hand aus.

Obwohl sich alles in Daisy sträubte, die wahrscheinlich nicht einmal gewaschene Hand der Göre vor ihr zu berühren, ergriff sie diese dennoch. Denn war wäre schlimmer, als weiterhin auf dem Boden zu sitzen? Eine reine Demütigung wäre es gewesen, die Hand nicht zu ergreifen! Nein, Desiree war gerne größer als andere und schaute sie von oben herab an. Selbst wenn sie kleiner war, schaffte sie das. Das war ihre persönliche Fähigkeit. Manchmal war Daisy darauf stolz – wie jetzt.

„Du bist doch die Schmiedin hier, hab ich recht?“, verlangte Daisy Auskunft, nachdem sie wieder auf sicheren Beinen stand. „Machst du nicht auch Schmuck und so?“

Damit sie wieder ordentlich aussehen würde, strich Desiree sich über Mantel und Rock und auch ihre Haare bekamen im Schaufenster eines weiteren Ladens einen kritischen Blick. Ohne ein Wort des Dankes sah sie das Mädchen herausfordernd an – wehe, die würde ihre unangenehme Situation an jemanden weitertragen!
Daisys braune Augen wanderten noch einmal prüfend über ihr Erscheinungsbild, dass sie im Schaufenster beobachtete. Der Mantel sah dreckig, schmutzig und nass aus, was er auch war. Desiree wünschte sich dringendlich, dass sie Zuhause wäre, um sich frische Kleidung anzuziehen, die weniger nass wäre. Das wäre wirklich ein Vorteil gewesen.